Dass selbst Bollywood noch von ihnen lernen könnte, sagte sie den Kindern, als ihre Tanzvorführung unter grossem Beifall zu Ende geht. Erika Sailer, Stiftungsratspräsidentin der Cleft-Kinder-Hilfe Schweiz, weiss natürlich: Alle 81 haben lange für diesen Tag geprobt. Im Wohnheim in Hyderabad haben sie gemeinsam mit ihren Erzieherinnen in kleinen Gruppen Tänze einstudiert. Die Mädchen anmutige Folklore, die Jungs Kampfkunstvorführungen. Alles sollte perfekt sein für den Empfang der Gäste aus der fernen Schweiz, für Prof. Dr. Dr. Herrmann F. Sailer, seine Frau Erika und ihr Team. Und das ist den Kindern wirklich gelungen. Auch beim anschliessenden Essen sind sie aufgeregt. Jedes Kind möchte sich mit den Besuchern unterhalten, auf Englisch, so gut es eben geht. Was denn sein Lieblingsfach in der Schule sei, fragt Erika Sailer den kleinen Prem Kumar, der an der langen Tafel neben ihr sitzt. „Mathematik, Madam“, antwortet er, „ich möchte einmal Arzt werden. Und Kindern helfen, so wie Sie.“ - „Dann musst du viel lernen in der Schule, aber das machst du ja wahrscheinlich auch, oder?“ - „Ja, ich gehe sehr gern zur Schule. Ich denke, dass das eine grosse Chance für uns alle hier ist.“ Und das ist es tatsächlich: Die meisten Kinder, die hier im Wohnheim leben und in der Krishnaveni Talent School für einen staatlich anerkannten Schulabschluss lernen, hätten ohne die Initiative der Cleft-Kinder-Hilfe Schweiz nie die Möglichkeit gehabt, überhaupt lesen oder schreiben zu lernen, geschweige denn einen Beruf zu ergreifen. In Indiens System bleiben die Armen arm und die Analphabeten, die zahlreich sind, ungebildet. Wenn dieser Kreis nicht unterbrochen wird, indem die Kinder dieser Familien eine Chance auf Bildung bekommen. So, wie es Erika Sailer mit ihrer Stiftung in Indien macht. Die Kinder, denen sie den Schulbesuch ermöglicht, sind ehemalige Patienten ihres Projektpartners Cleft-Children International CCI, der diese Kinder in speziellen Zentren zuvor operiert hat. Nur so, davon ist nicht nur Erika Sailer überzeugt, lässt sich ein Kreislauf in Gang setzen, der durch Bildung die Armut bekämpft und zukünftig wiederum für Bildung sorgt. Auch der kleine Prem Kumar am Tisch neben ihr glaubt das. Und die anderen Kinder. Wie jeder, der einmal selbst erfahren hat, was Unterstützung, Förderung und der Glauben an einen Menschen und seine Fähigkeiten bewirken können.